Im ostfriesischen Leer wurde Hermann Lange 1912 in eine bürgerlicher Familie hineingeboren. Den größten Teil seiner Jugend verbrachte Hermann in Leer, wo er zunächst die katholische Grundschule und dann das staatliche Gymnasium besuchte. Sein Abitur legte er 1933 ab.
Auf dem Weg zum Priesteramt
Der Wunsch, Priester zu werden, stand für ihn zu dem Zeitpunkt bereits lange fest. Sein Taufpate, ein Bruder des Vaters, war Pastor in Bremen und später Domdechant in Osnabrück. Bereits als
Gymnasiast war Hermann Lange in der katholischen Jugendbewegung aktiv. Er war Mitglied des Kolpingswerkes und des „Bund Neudeutschland“. Dieser unternahm unter anderem Fahrten und Zeltlager mit
Bibelarbeit und Andachten. Hermann Lange war Messdiener in seiner Heimatgemeinde, wurde Gruppenleiter und war bei den Jugendlichen beliebt.
1933 begann er sein Studium der Theologie an der Universität Münster, das er 1937 abschloss um ins Priesterseminar in Osnabrück einzutreten. 1938 erhielt er die Priesterweihe im Dom von Osnabrück und am 2. Weihnachtstag desselben Jahres feierte er unter großer Beteiligung der Gemeinde seine Heimatprimiz in der St. Michael Kirche zu Leer.
Als Kaplan in Lübeck
Für jeweils wenige Wochen wurde Jungpriester Lange in zwei Gemeinden des Bistums Osnabrück eingesetzt, bevor er zum 1. Juni 1939 als Vikar nach Lübeck an die Herz Jesu Gemeinde kam.
Hermann Lange war ein systematisch und gründlich nachdenkender Student gewesen. Genauso arbeitete er auch seine Predigten bis ins Detail schriftlich aus und führte seine Zuhörerschaft tief in seine
Gedankengänge ein. Dabei blieb seine Auseinandersetzung mit der Politik vorrangig auf jene Bereiche beschränkt, die in kirchliches Leben und Weltanschauung hineinragten. Dann aber bezog er klare
Stellung und wich auch unbequemen Schlussfolgerungen nicht aus. Den Krieg erkannte er als unvereinbar mit dem christlichen Glauben. In einem Gespräch mit einem jungen Soldaten brachte er dies offen
zum Ausdruck.
Stephan Pfürtner, Teilnehmer an soldatischen Gruppenabenden in der Herz Jesu Gemeinde erinnert sich:
„Seine Situationsanalysen waren scharf (…) In einem kleinen Zwischengespräch – wir sprachen leise, damit die anderen nicht in diesen Gedankengang einbezogen wurden – äußerte er unumwunden, dass
der Krieg ein riesiges Unrecht sei. Ein Christ dürfte deshalb eigentlich nicht an ihm teilnehmen. Wenn er konsequent sei, müsse er den Kriegsdienst verweigern. 'Das wird doch inzwischen immer
klarer', sagte er.“
Mit klaren Sinnen gegen den Nationalsozialismus
Mittlerweile hatte Hermann Lange bereits von mehren Geistlichen aus seinem früheren Umfeld gehört, die in Konflikt mit den Nationalsozialisten geraten waren. Pastor Franz Moschner, ein Freund seines
Onkels, war zu zwei Monaten Haft verurteilt worden wegen eines Aufsatzes in der katholischen Zeitschrift „Ansgarius“. Darin hatte Moschner den NS-Chefideologen Alfred Rosenberg mit einem Skarabäus
verglichen, einem Käfer, der sich von Dung ernährt. Diesen Artikel verbreitete Lange weiter, z.B. an Pastor Stellbrink.
Zudem bekam Lange Gehör davon, dass der Priester seiner Heimatgemeinde in Leer, Heinrich Schniers, mehrfach von der Gestapo observiert wurde und schließlich in Schutzhaft genommen wurde. Pastor
Schniers starb im August 1942 im Konzentrationslager Dachau.
Wenngleich Hermann Lange sich nicht unmittelbar als staatsfeindlich begriff, so muss ihm doch bewusst gewesen sein, dass er sich mit seiner offenen Haltung und mit dem Verteilen von kritischen
Schriften in große Gefahr begeben hat.
Statement von Petra Kallies zu Hermann Lange:
"Hermann Lange kam nach klarer Analyse der politischen Lage zu dem Ergebnis, dass „der Krieg ein riesiges Unrecht“ sei. Daher müsse man eigentlich den Wehrdienst verweigern.
Heutzutage kommen deutsche Waffen weltweit zum Einsatz. Kleingewehre werden vor allem gegen Zivilisten eingesetzt. Weshalb nehmen wir die Waffenexporte so stillschweigend hin? Wir Christen müssen wieder mehr für den Frieden streiten!"
Petra Kallies ist Pröpstin im ev.-luth. Kirchenkreis Lübeck-Lauenburg