Irmgard Heiss war die Schwester von Karl Friedrich-Stellbrink. Sie war ein Mensch mit Eigensinn. In ihrer kleinbürgerlichen Herkunftsfamilie war es ihr zu eng und sie
eckte an. Als in ihrem Leben das damalige weibliche Normprogramm von Ehe und Familie scheiterte, folgte eine Einweisung in die Psychiatrie. In der NS-Zeit kam dies für viele Menschen einem
Todesurteil gleich. Irmgard starb am 3. Oktober 1944 an den Folgen unterlassener Pflege und Unterernährung.
Wie bei vielen Angehörigen, war diese Geschichte auch in ihrer Familie ein Tabu. Über Irmgard wurde nicht gesprochen. Es war schon schwer genug, dass ihr Bruder und
Stammhalter der Familie, Pastor Karl Friedrich Stellbrink, nach einem Urteil des Volksgerichtshofes hingerichtet worden war. Auch er hatte seinen eigenen Sinn und mochte nicht schweigen zu dem, was
er als Unrecht empfand.
Doch was verschwiegen wird, wirkt trotzdem weiter. Die Großnichte der beiden spürte, dass es Unsagbares gab im Elternhaus ihres Vaters, in dem sie oft zu Besuch war.
Jahrzehnte später fand die Künstlerin Briefe, die ihr Gefühl bestätigten. Sie setzte sich auseinander mit den tabuisierten und verflochtenen Geschichten von Irmgard und Karl Friedrich, zunächst
bildhaft mit Zeichnungen und Collagen. „Bilder können ein Akt des Widerstandes sein, indem sie etwas zeigen, von dem es keine Bilder geben sollte. Und sie können einen Zugang zur inneren Welt derer
öffnen, die damals als ‚das Andere der Vernunft‘ verstanden und ausgegrenzt wurden“, erklärt Barbara Stellbrink-Kesy heute zu ihren Werken.