Karl Friedrich Stellbrink

Karl Friedrich Stellbrink wurde 1894 in Münster geboren. Im ersten Weltkrieg war er Soldat und kehrte 1917 verwundet aus dem Krieg zurück. Er absolvierte eine Ausbildung zum Auslandpfarrer und lebte sieben Jahren mit seiner Familie in Brasilien. 1929 kehrte er nach Deutschland zurück. Er war keine Freund der jungen Weimarer Republik und hing völkisch-nationalistischen Idealen an. 1933 trat er in die NSDAP ein. Wegen seiner politischen Überzeugungen wurde er 1934 zum Hauptpastor an der Luthergemeinde, wo damals ähnlich denkende Menschen das Sagen hatten.

 

In den Folgejahren vollzog er eine innere Kehrtwende. Immer mehr erkannte er die unmoralische und kirchenfeindliche Haltung der NSDAP und wurde 1937 wegen wiederholter Kritik aus der Partei ausgeschlossen. In den Folgejahren veranlassten seine Predigten die Gestapo zu Verwarnungen. Spätestens 1939 war der Pastor nicht nur Kritiker, sondern ein Gegner des Regimes geworden. Gleichgesinnte fand er in den drei katholischen Kaplänen, mit denen er sich seit Sommer 1941 über die seinerzeit hohen konfessionellen Grenzen hinweg austauschte. Die vier Geistlichen vervielfältigten und verteilten regimekritische Schriften.

 

Seine Predigt am Palmsonntag 1942 gab den Anlass zu der wenige Tage später erfolgenden Verhaftung. Die Lübecker Landeskirche war während der NS-Zeit nationalsozialistisch geführt und suspendierte den inhaftierten Geistlichen umgehend aus ihrem Dienst. In der Zeit bis zur Hinrichtung am 10. November 1943 litt Stellbrinks Familie mit ihm, was die der Nachwelt erhaltenen Gefängnisbriefe auf berührende Weise bezeugen. In der Haftzeit wuchs die Freundschaft mit den drei Kaplänen. Mit Hermann Lange teilte Stellbrink die Todeszelle. „Wir sind wie Brüder“ beschrieb Lange die innige Beziehung der Geistlichen.

 

In der Lübecker Landeskirche blieb die Beurteilung Stellbrinks auch nach 1945 ambivalent - Gründe dafür waren sowohl seine erheblichen theologischen Abweichungen wie auch seine ursprünglich positive Haltung zum Nationalsozialismus. In der Lübecker Pastorenschaft war er ein Außenseiter gewesen. Erst 1993 zum 50. Jahrestag der Hinrichtung wurde karl Friedrich Stellbrink auf Initiative des damaligen Bischofs Kohlwage von der evangelischen Kirche rehabilitiert.

 

Statement Jan Lindenau zu Karl Friedrich Stellbrink:

Karl Friedrich Stellbrink war ein widersprüchlicher Charakter. Seine Bekehrung vom Anhänger des Nationalsozialismus zu dessen Gegner zeigt uns aber, dass der christliche Glaube, das Gebot der Nächstenliebe, auch in die tiefste Finsternis vorzudringen vermag. Es wurde ihm immer wichtiger, seinem Gewissen zu folgen und die Wahrheit nicht zu verschweigen. „Alternative Fakten“, wie sie manche in unseren Tagen präsentieren, um Feindschaft unter den Menschen zu säen und Lügen zu verbreiten, hatten in seinem Bekenntnis zur Klarheit der Meinung und zu Mitmenschlichkeit keinen Platz.“

 

Jan Lindenau ist Bürgermeister der Hansestadt Lübeck

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