Der Künstler Erich Klahn – Biografie und kritische Einordnung

Erich Klahn wurde 1901 geboren und lebte seit 1902 mit seiner Familie in Lübeck. Er besuchte das dortige Gymnasium Johanneum. Nach einer Ausbildung auf der Kunstschule von Lütgendorf-Leinburg besuchte er die Kunstakademie in München.


Schon für seine Studienzeit ist ein völkisch-nationalistisches politisches Engagement belegt. Er trat der neu gegründeten NSDAP bei. In München pflegte er Kontakt mit dem auch aus Lübeck stammenden Bildhauer Fritz Behn, der sich ebenfalls dem rechten Spektrum angeschlossen hatte. Zu seinen weiteren Lübecker Freunden gehörten der Grafiker Asmus Jessen sowie die Publizisten Franz Fromme und Paul Brockhaus. Ebenso wie Pastor Mildenstein waren sie in der Niederdeutschen Bewegung aktiv, die sich durch völkische und rassistische Positionen auszeichnete.


In den 1920er Jahren arbeitete Klahn an kleineren Aufträgen. Seit den 1930er Jahren weisen seine Arbeiten zunehmend politische Bezüge und Symboliken auf. Diverse Veröffentlichungen belegen eine deutliche ideologische Nähe zum Nationalsozialismus, wobei einer erneute Parteimitgliedschaft nach dem NSDAP-Verbot von 1923 nicht sicher belegt ist. 1943 erhielt Erich Klahn gemeinsam mit Asmus Jessen, Fritz Behn und dem niederdeutschen Schriftsteller Hans Heitmann den großzügig dotierten Emanuel-Geibel-Preis der 1939 gegründeten Emanuel-Geibel-Gesellschaft.


In der Nachkriegszeit bestätigte Klahn zunächst informell seine NSDAP-Mitgliedschaft, später leugnete er sie. Hennig Repetzky, der eine ausführliche Biografie Erich Klahns verfasst hat, kommt insgesamt zu der Einschätzung, der Künstler sei „… von der Richtigkeit einer völkisch-niederdeutsch, nationalsozialistisch geprägten Gesellschaft überzeugt“ gewesen. „Aus dieser politischen Überzeugung heraus stellte er seine Kunst zur Verfügung, um völkisch-niederdeutsches, nationalsozialistisches Gedankengut zu verbreiten.“ 1


In der Nachkriegszeit hat sich Erich Klahn nie deutlich von seiner politischen Haltung distanziert. Sein künstlerisches Schaffen jedoch wurde unpolitischer und erstreckte sich vor allem auf Teppichstickarbeiten für Banken und Behörden. 1978 starb Klahn.

Zu intensiven Diskussionen über die politische Einordnung des Künstlers kam es in den frühen 2000er Jahren. 1999 hatten seine Tochter und sein Stiefsohn eine private Stiftung gegründet, in die ein großer Teil des väterlichen Nachlasses überführt wurde. Es kam zu einem Vertrag mit der Klosterkammer Hannover, einer Behörde des Landes Niedersachsen, wonach das Werk Klahns zur Verfügung gestellt und im Kloster Mariensee ausgestellt werden sollte. Nachdem deutlich wurde, dass die politische Einordnung von Klahn widersprüchlich ist, gab die Klosterkammer mehrere kunsthistorische bzw. historische Gutachten über den Künstler in Auftrag 2 um zu klären, ob eine öffentliche Einrichtung den offenbar politisch fragwürdigen Künstler überhaupt ausstellen könne. Übereinstimmend kamen die Gutachten zu der Einschätzung, dass Erich Klahn völkisch-niederdeutsches und nationalsozialistisches Gedankengut verbreitet und die Weimarer Republik abgelehnt habe. Daraufhin kündigte die Klosterkammer 2014 den Vertrag mit der Klahn-Stiftung, die diese Urteile jedoch von sich weist und gegen die Vertragskündigung klagte. Sie erhielt 2017 vom Bundesgerichtshof in 3. Instanz Recht – das Urteil bezog sich allerdings auf formale Aspekte des Vertrages. 2018 einigten sich Klahn-Stiftung und Klosterkammer in einem Vergleich: Die Klosterkammer muss die Klahnschen Werke nicht mehr ausstellen, die Stiftung erhielt einen sechsstelligen Betrag, um die Werke an einen anderen Ort verlagern zu können.

Trotz der umstrittenen Sicht auf den Weg des Künstlers zeigen wir ein Fragment aus den ursprünglich 3-teiligen Gedenk-Fenstern, und zwar einen Ausschnitt aus der Pietà mit dem Gesicht des leidenden Christus. Diese Darstellung trägt expressionistische Züge.

1 Henning Repetzky: Das Verhältnis des Künstlers Erich Klahn (1901–1978) zu völkisch-rassistischem Gedankengut und nationalsozialistischen Kreisen. o. O. 2013, S. 42f
2 Gutachter waren Henning Repetzky (2013), Thomas Vogtherr (2015) und Herbert Pötter (2016).

AKTUELLES

Im November 2025
Gedenkveranstaltungen
zum 82. Jahrestages der Hinrichtung der vier Lübecker Märtyrer

Dauerausstellung »…ich kann dich sehen.«

Widerstand, Freundschaft und Ermutigung der vier Lübecker Märtyrer

Hier finden Sie uns

Gedenkstätte Lutherkirche

Moislinger Allee 96

23558 Lübeck

Öffnungszeiten

Montag bis Samstag

von 10.00 bis 16.00 Uhr

für Einzelbesucher/innen

 

Mit Gruppen melden Sie sich bitte an

Anfahrt

Buslinien 5, 6, 16 und 26 Haltestelle „Lutherkirche“

Druckversion | Sitemap
© Gedenkstätte Lutherkirche